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Schweizer Pässe 2024

Im letzten Frühjahr hatte ich die grandiose Idee, eine Tour zu planen, die meiner Frau ziemlich gemischte Gefühle bescheren würde!

Die Reise sollte uns in den Schweizer Kanton Graubünden führen, von wo aus wir die legendären Alpenpässe der Zentralschweiz erobern wollten: den Furkapass, der Uri und Wallis miteinander verbindet, den St. Gotthardpass im Tessin und natürlich die Klassiker San Bernardino, Flüela, Albula, im Kanton Graubünden – also ein wahres Pass-Feuerwerk!

Das Besondere an dieser Tour? Meine Frau hatte seit über 15 Jahren nicht mehr als Sozia auf dem Motorrad gesessen und ist noch nie eine längere Strecke mitgefahren – geschweige denn in den Bergen auf Passstraßen! Der Abreisetag rückte näher und die Aufregung stieg bei uns beiden ins Unermessliche. Wie würde das Wetter in den Bergen sein? Wird es kalt? Regnet es? Und was sollten wir alles mitnehmen? Wie viel Platz war überhaupt in den Koffern der GS 1250? Und was war mit Snacks? Fragen über Fragen!

Ich konnte schon die Gedanken meiner Frau hören: „Hoffentlich ist das kein Abenteuer, das wir bereuen werden!“ Aber hey, wo bleibt der Spaß, wenn man nicht auch mal ins Ungewisse fährt?

Friedrichshafen am Bodensee

Die Reise begann am 26. August früh morgens – und zwar bei einem Wetter… das wir nicht bestellt hatten. Mit einer gehörigen Portion Zuversicht und viel Vorfreude im Gepäck (und einer GS 1250, die so vollgepackt war, dass man fast hätte denken können wir wandern aus – typisch Frauen!), machten wir uns auf den Weg Richtung Bodensee. Die Strecke führte uns durch die schwäbische Provinz, vorbei an Biberach, und schließlich nach Friedrichshafen. Dort wartete schon die Fähre auf uns, als wäre sie ein alter Freund, der uns über den Bodensee schippern wollte.

Nach einer 45-minütigen, kurzweiligen Fahrt über den Bodensee – in der wir uns mit dem Gedanken an die bevorstehenden Abenteuer anfreundeten – betraten wir endlich Schweizer Boden. Jetzt konnte der Urlaub wirklich beginnen! Also: Motor an, aufsitzen und grob in Richtung Süden! Das Wetter begann sich zu bessern, und wir entdeckten die ersten Sonnenstrahlen am Himmel. Wer hätte das gedacht? Der Wettergott schien uns wohlgesonnen zu sein – vielleicht hatte er unsere Vorfreude gespürt!

Romanshorn am Bodensee

Unsere Route führte uns durch malerische Ortschaften und Dörfchen, die so idyllisch waren, dass man hätte glauben können, sie seien einer Modelleisenbahn entsprungen. Die ersten großen, schneebedeckten Gipfel zeichneten sich majestätisch am Horizont ab und wir merkten, dass es immer schneller bergauf ging – die GS schnurrte wie ein Kätzchen! Nach einer kurvenreichen und kurzweiligen Fahrt erreichten wir schließlich den Klausenpass auf 1952m ü. M. Und ich kann euch sagen: Die Aussicht war atemberaubend.

Von der Passhöhe war es nur noch ein Katzensprung bis Altdorf und von dort aus nur noch ein kleines Stückchen bis Andermatt. Die Altstadt von Andermatt ist wirklich zauberhaft! Wie aus einem Märchen. Noch einmal scharf links abgebogen und schon ging es dem Oberalppass entgegen.

Passchild Oberalppass

Doch oben auf der Passhöhe erlebten wir etwas, das ich in über 30 Jahren auf der Strasse nicht gesehen hatte: den dichtesten Nebel, den man sich vorstellen kann! Sichtweiten von maximal 10 Metern – wobei ich überzeugt bin, das war kein Nebel, sondern eine Wolke, die beschlossen hatte, uns auszubremsen. Egal, wir fuhren brav im Schritttempo, überholten ein paar mutige Fahrradfahrer (die sich wahrscheinlich fragten, warum sie sich das antun) und so kamen wir mit 60 Minuten Verspätung in unserem Hotel in Sedrun an.

Der Empfang war so herzlich und freundlich, dass wir fast dachten, wir wären in einer Schweizer Schokoladenwerbung gelandet. Wir bezogen unser gemütliches Zimmer, und die Aussicht vom Balkon war gigantisch! Alle Wolken schienen sich am Oberalppass versammelt zu haben, während im Tal das Wetter strahlend schön war – eben echtes Gebirgswetter! Dank der kurzen Anreise von gerade einmal 250km hatten wir dann doch noch genügend Zeit und Energie, um den Ort und die Landschaft zu Fuß zu erkunden.

Nach einer herrlich ruhigen und erholsamen Nacht – ich meine, ich habe sogar von Schokolade und Käse geträumt – begann unser zweiter Tag mit einem Frühstück, das selbst die anspruchsvollsten Gourmets neidisch gemacht hätte. Heute standen die ersten Klassiker der Zentralschweiz auf dem Programm, und wir waren bereit, die Schweizer Alpen zu erobern!

Von unserem Basis-Hotel aus fuhren wir zunächst über den Oberalppass, dann weiter zum Furkapass und schließlich zum Nufenenpass, um dann die Via Tremola zum St. Gotthard Pass hinaufzufahren. Insgesamt erwarteten uns an diesem Tag entspannte 150km – das klingt fast nach einem Spaziergang, oder?

Nach ein paar Minuten erreichten wir die Auffahrt zur legendären Furka Straße, wo sich einst James Bond, alias Sean Connery, eine halsbrecherische Verfolgungsjagd lieferte. Für alle James-Bond-Fans ein absolutes Must-Have für die Bucket List! Mit etwas Glück kann man sogar am Gedenkschild halten – und was soll ich euch sagen? Ich konnte wieder einen Haken auf meiner Bucket List machen! Diese Straße gehört zur legendären Grand Tour of Switzerland, und ausserdem, höher geht es kaum: Mit 2429m ü. M. ist der Furkapass der höchste Alpenpass auf der Grand Tour. Hier verläuft auch die Europäische Wasserscheide zwischen Mittelmeer und Nordsee – also, wenn ihr mal danach gefragt werdet…

Oben auf der Passhöhe durfte ein Foto durch den berühmten Foto-Spot natürlich nicht fehlen, gefolgt von einer wohlverdienten Kaffeepause am legendären Hotel Belvedere, während wir die grandiose Landschaft um den Rhone Gletscher bewunderten. Weiter ging es nicht wie bei vielen anderen Touren zum Grimselpass, sondern zum Nufenenpass, dem höchsten der Schweizer Strassenpässe mit 2478m. Von dort führte unser Weg nach Airolo im Tessin wo wir unsere Mittagspause mit italienischem Flair genossen – Pizza und Pasta, wir kommen!

Hier hatten wir die Gelegenheit, uns auf die Via Tremola vorzubereiten. Die Tremolastrasse ist das längste Straßenbau-Denkmal der Schweiz und schlängelt sich wie ein helles Band von Airolo zum Gotthardpass hinauf. Diese weltberühmte Serpentinenstraße entstand mit dem Bau der Gotthard-Passstraße und überwindet im spektakulärsten Abschnitt auf einer Länge von nur vier Kilometern 300 Höhenmeter in 24 Kehren!

Auf der Passhöhe angekommen, bot sich uns der übliche Trubel – irgendwie wie ein Volksfest – Menschen mit strahlenden Gesichtern bewunderten die Landschaft oder, wie wir es erlebt haben, befuhren in Kostümen der Jahrhundertwende in der Postkutsche die Via Tremola. Das letzte Teilstück des Tages wartete auf uns, und wir starteten Richtung Göschenen zurück zu unserem gemütlichen Hotel, wo wir den Tag bei einem leckeren Abendessen noch einmal Revue passieren ließen. Und ich kann euch sagen: Wenn das kein perfekter Tag war, dann weiß ich auch nicht!

Unser dritter Tag in der Zentralschweiz begann verheißungsvoll mit strahlendem Sonnenschein und einem Frühstück, das selbst einen Bären satt gemacht hätte! Der Hotelwechsel stand an, also packten wir all unsere Habseligkeiten in die Koffer der GS – und ich schwöre, wir hatten viel zu viel Klamotten eingepackt. Aber hey, man weiß ja nie, wann man ein schickes Outfit für einen Berggipfel braucht!

Mit Kaiserwetter im Rücken freuten wir uns riesig darauf, die Schweizer Alpen weiter zu erkunden. Auf unserer heutigen Strecke zum nächsten Hotel warteten nur zwei Pässe auf uns: der Lukmanierpass 1920m und der San Bernardino Pass 2066m. Obwohl wir nun im italienischen Sprachraum unterwegs waren – und der italienische Flair ist einfach umwerfend – waren wir noch lange nicht an unserem Etappenziel im Hinterrheintal angekommen. Zuerst mussten wir noch den San Bernardino bezwingen!

Während die Autobahn bis zum Dorf San Bernardino im Tunnel verschwindet, führte uns die Passstraße in eine hochgelegene, mystische Moorlandschaft mit spiegelnden Wasseraugen und Gletscherschliffen. Und der wunderschöne Bergsee Lago Moesola? Ein echtes Postkartenmotiv! Hier machten wir eine kleine Entdeckerpause und verewigten uns mit einem weiteren Steinmännchen – was wäre denn das für ein Abenteuer in den Bergen ohne ein paar Steine zu stapeln?

Am frühen Nachmittag erreichten wir schließlich unser Hotel in Splügen. Doch das was uns dort erwartete, war eine böse Überraschung! Das Hotel entpuppte sich als Katastrophe – für Motorradfahrer absolut ungeeignet. Nach diesem Schock beschlossen wir, uns erstmal eine Auszeit zu gönnen und fuhren am Nachmittag in die Therme in Andeer. Im warmen Wasser und völlig entspannt beschlossen wir, das sündhaft teure, aber ungeeignete Hotel so schnell wie möglich zu verlassen und uns eine andere Bleibe für die nächsten zwei Nächte zu suchen.

Gesagt, getan! Auf der Rückfahrt kamen wir an der Rofflaschlucht vorbei, wo ein kleines, ursprüngliches Gasthaus auf uns wartete. Und wisst ihr was? Dort konnten wir uns ab der kommenden Nacht einquartieren! Manchmal ist das Leben wie eine gute Bergfahrt: Es gibt Höhen und Tiefen, aber am Ende findet man immer einen schönen Platz zum Ausruhen!

Die dritte Nacht verging nicht wie im Flug und ohne dass ein Hausgeist uns einen Besuch abstattete wurde es Morgen. So machten wir uns auf den Weg das alten Säumerhaus zu verlassen und steuerten die Rofflaschlucht an. Nach einem herzlichen Empfang bezogen wir unser Zimmer, das mehr nach „Gemütlichkeit“ als nach „Luxus“ roch – aber hey, wir sind Biker und nur zum Schlafen hier, oder?

Dann ging es auch schon los zur vierten und längsten Etappe – satte 300 Kilometer! Auf dem Programm standen die Pässe Flüela, Albula, Julier, Maloja und Splügen. Ein echtes „Pass Feuerwerk“! Wir starteten unsere GS und düsten in Richtung Davos, wo der Verkehr so flüssig war, dass wir uns fast wie in einem Werbespot fühlten. In Davos gönnten wir uns einen Stadtbummel – schließlich muss man sich auch mal die Beine vertreten.

Die Passtraße Richtung Zernez war unser nächstes Ziel, und bald standen wir am wunderschönen Albula Pass auf 2315m ü. M. Unsere geplante Mittagspause in Bergün war nur einen Katzensprung entfernt. Im Hotel Weiss Kreuz, wo es den besten Wurst-Käsesalat gibt, kehrten wir ein. Nach dieser Stärkung machten wir uns auf zum Julierpass auf 2284m ü. M. 

Wieder im Tal angekommen, hatten wir die Idee, einen Abstecher nach Sankt Moritz zu machen. Dort bestaunten wir kurz die Schönen und Reichen – und wir fragten uns, ob wir nicht bei einer zukünftigen Gelegenheit den Ort genauer unter die Lupe nehmen sollten. Mal sehen… man weiss ja nie!

Doch dann kam plötzlich die Überraschung: Verkehr! Und zwar nicht zu knapp! Der Malojapass, der schon zur Römerzeit als wichtiger Zubringer diente, wurde für uns zur Geduldsprobe im Schneckentempo. Es war bereits später Nachmittag, und ich begann mir ernsthaft Sorgen zu machen, ob wir noch bei Tageslicht über den letzten Pass, den Splügen Pass, kommen würden.

Der Splügen Pass ist eine echte Herausforderung mit 75 Kehren. Aber alles halb so wild, ab der Auffahrt zum Pass war der Verkehr verschwunden und die Landschaft einfach atemberaubend. Nur ein paar kleine Häuschen und ein Stausee – kein Trubel, nur wir und die Natur.

Die Schweizer Seite des Passes raubte uns den Atem – im wahrsten Sinne des Wortes! Steil abfallende Hänge und senkrecht aufragende Felswände umrahmten die Straße im Dämmerlicht. Um knapp 21:00 Uhr erreichten wir endlich unser kleines Gasthaus. Dort warteten schon zwei „Chübel“ (0,5l Bier) auf uns, und wir genossen ein leckeres Abendessen nach diesem langen und wunderschönen Tag. Prost auf die Abenteuer, die da noch kommen! 

Am fünften Tag hatten wir eigentlich geplant, um en Lago Maggiore zu fahren. Doch irgendwie war die Motivation, noch einmal eine lange Strecke zu bewältigen, so verschwunden wie ein Eis in der Sonne. Am Tag zuvor hatten wir uns mit drei anderen Motorradfahrern unterhalten, die uns von Juf und der Via Mala Schlucht vorschwärmten. Die erzählten uns, dass schon die Römer den Bernardinopass benutzt hatten – und das Hauptproblem damals war nicht der Pass selbst, sondern der mühsame Weg durch die 300 Meter tiefe Rheinschlucht zwischen Thusis und Zillis, die nicht zufällig den Namen Via Mala („Schlechter Weg“) trägt.

Da unser Gasthof ganz in der Nähe lag, entschieden wir uns für die Via Mala Schlucht. Zuerst hatten wir gemischte Gefühle, ob es wirklich sinnvoll war, den Tag so zu verkürzen. Aber dann – wow! Die Via Mala ist einfach spektakulär! Allein die Vorstellung, wie Mensch und Tier Waren durch diese Schlucht transportierten, lässt einen erschauern. Und natürlich darf das obligatorische Foto am Foto-Spot der Grand Tour nicht fehlen – schließlich muss man ja auch den Instagram-Feed füttern!

Den Tag ließen wir ruhig angehen und gönnten uns noch eine entspannte Mittagspause. Danach machten wir uns auf zu unserem heutigen Highlight: Juf, das höchstgelegene dauerhaft bewohnte Dorf Europas! Die Fahrt von der Rofflaschlucht nach Juf war sehr angenehm. Wir cruisten durch die Berglandschaft, hinauf nach Cresta und dann weiter wo auf 2100 m. ü. M. das idyllische und verträumte Juf auf uns wartete.

Der kleine Ort ist entzückend! Hier leben etwa 30 Menschen, es gibt einen kleinen Gasthof, ein paar Touristen und Wanderer – und natürlich den Postbus, der tatsächlich achtmal am Tag Juf anfährt. Wer braucht schon ein Auto, wenn man einen Postbus hat? Wir genossen die Ruhe und die Landschaft bei einer guten Tasse Kaffee und einem Spaziergang durch den Ort. Sogar Murmeltiere schauten vorbei – meiner Frau ging das Herz auf!

Die Rückfahrt war ebenso entspannt wie die Hinfahrt, und am späten Nachmittag kehrten wir zu unserer Pension zurück. Leider brach nun die letzte Nacht in der Schweiz an. 

Der sechste Tag begann wie gewohnt mit einem schmackhaften und herzhaften Frühstück. Wehmütig blickten wir auf unsere Erlebnisse zurück, bevor wir die GS sattelten und uns in Richtung Lenzer Heide auf den Rückweg machten.

Einmal mehr konnten wir die majestätischen Schweizer Alpen in ihrer vollen Pracht bewundern, bevor uns der Bodensee bei Lindau in der Heimat herzlich willkommen hieß. Diese Fahrt war ein unvergessliches Erlebnis, das uns nicht nur die Schönheit der Schweizer Alpen näherbrachte, sondern auch die Freude am gemeinsamen Reisen und Entdecken wieder ins Herz legte. 

Und an alle weiblichen Sozia da draußen: Traut euch! Ihr werdet es nicht bereuen – das Abenteuer ruft! 🏍️✨

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